ta-dip
header

Die Sonnenuhren in P F O R Z H E I M


Quelle: Wikipedia


Die Sonnenuhren der St. Michaelskirche in

Pforzheim




Quelle: Wikipedia -  Von JuergenG - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0,

Hier ist die Kirche noch vor dem Einbau der Sonnenuhren zu sehen

 

Der nachfolgende Link gibt einen recht schönen kurzen Überblick über die Geschichte der Kirche:




http://www.kirchbau.de/php/300_datenblatt.php?id=12412


Einige Innenaufnahmen der Kirche sind über diesen Link aufrufbar:





Quelle: http://www.pforzheim-schlosskirche.de/html/bilder631.html?t=74450059aeabdbb15bcc2efdb06e0b19&tto=a2d7b7ca&&




Ein großer Glücksfall!

 

 

Die Sonnenuhren

an der

Schloss- und Stiftskirche St. Michael

 


Ich habe es gerade in diesem Jahr 2016 persönlich erlebt, was es bedeutete, Leute zu überzeugen, daß es sinnvoll und gut ist, eine 533 Jahre alte Sonnenuhr vor dem völligen Verfall zu bewahren: Die Sonnenuhr an der Nicolaikirche in Zerbst

 

Wieviel schwieriger aber muß es gewesen sein, die Entscheider und die Geldgeber zu überzeugen, daß es kulturell sinnvoll ist, zwei nicht mehr existente Sonnenuhren, von denen nur noch die Schattenstäbe an der Kirchenmauer hingen, durch zwei Neuschöpfungen zu ersetzen!

Ich bin Herrn Siegfried Netzband überaus dankbar, daß er mir zunächst drei Fotos der fertigen Sonnenuhren zugeschickt hat und mir anschließend auch noch gestattet hat, aus seiner vorzüglichen Broschüre Inhalte für diesen Link verwenden zu dürfen!


Ich zitiere nachfolgend aus seinem Broschüren-Entwurf - Stand 01.10.2016


Die Sonnenuhren an der Schlosskirche bis 1945(4)




Abbildung 3: Aufnahme der Schloßkirche von 1910.

Die Polstäbe sind zu erkennen, nicht aber Zifferblattdetails (7)


Historische Schwarzweißaufnahmen der Schlosskirche um 1910 belegen zwei Sonnenuhren am Westwerk der Schlosskirche: Eine Uhr mit schräg aus dem Putzfeld ragenden Metall-Polstab an der Südfassade des Westwerkes (abgestützt durch einen waagrechten Stützstab), die andere Uhr im westlichen Putzfeld der Westfassade bestehend aus dem verkürzten Polstab mit zwei Stützstäben in versetzter Anordnung.




Abb. 4: Polstäbe der Sonnenuhren um 1910 (7)

 


Während der restauratorischen Putzarbeiten wurden neuzeitliche Putze von den beiden betreffenden Putzfeldern abgenommen, sodass schichtweise, größtenteils bis zum Sandsteinmauerwerk, nach Überresten der ehemalig vorhandenen Ziffernblätter gesucht werden konnte. Es konnten lediglich die Befestigungen der Polstäbe bzw. Stützstäbe verifiziert werden, jedoch fanden sich keinerlei Hinweise auf die früher vorhandenen Ziffernblätter (Zeit-, Datumsangabe, römische oder arabische Ziffern, Symbole, sonstige Verzierungen, Konstruktionslinien etc.), weder in mittelalterlichen Putzresten noch in den freigelegten Steinoberflächen. Eine aus denkmalpflegerischer Sicht wünschenswerte Rekonstruktion der beiden Sonnenuhren ist daher nicht möglich. Eine Übernahme der Konstruktion und Ausgestaltung ähnlicher, historisch belegter Sonnenuhren von anderen Kirchen verbietet sich, da auch über die Entstehungszeit und somit baustilistische Zuordnung der Uhren keine exakten Aussagen getroffen werden können.


Abb. 5: Südfassade der Schlosskirche mit Putzfeld der Süduhr

Abb. 7: Westfassade der Schloßkirche mit Putzfeld der Westuhr

Die Sonnenuhren an der Schlosskirche - zu neuem Leben erweckt



Abb. 9: Die Zifferblätter der Süd- und West- Sonnenuhren der Schlosskirche mit ihren Polstäben

 

 

·        Position der Sonnenuhren:

o       Geogr. Breite (ϕ): 48⁰ 53´32,035´´ oder 48,892232⁰ Nord

o       Geogr. Länge (α):    8⁰ 42´10,801´´ oder   8,703⁰ Ost

·        Wandausrichtung (Abweichungswinkel a):

Süduhr:    a=9,59⁰ Ost

Westuhr: a=80,41⁰ West

 

Durchführung der Arbeiten an den Sonnenuhren

 

September 2015 begannen die ersten Entwurfsarbeiten für die Ziffernblätter und Polstäbe. Diesen Arbeiten zugrunde lagen die während der Restaurationsarbeiten aufgenommen Maßstabszeichnungen der Putzfelder, in denen sich schon früher Sonnenuhren befunden hatten. Da keine historischen Vorlagen für die Ziffernblätter zur Verfügung standen wurde diese zusammen mit den Polstäben für ein optimales Gesamt- und Bescheinungsbild neu entworfen. Es folgten mehrere Besprechungen während deren zahlreiche Entwürfe diskutiert wurden. Ende Oktober waren die Entwurf- und Konstruktionsarbeiten abgeschlossen. Aus Witterungsgründen verzögerten sich die Malerarbeiten, sodass die Uhren erst Ende Mai 2016 fertig gestellt werden konnten.

Bei den Polstäben einigte man sich auf einen „klassischen“ Entwurf für die Westuhr (verkürzter Polstab mit zwei Abstandsstreben und aufgesetzter Kugel als Schattengeber für die Datumsanzeige) und, im Gegensatz zum Original, auf einen zeitgemäßen Entwurf für die Süduhr (einfacher Polstab ohne Stütze). Die Zifferblätter der beiden Uhren zeigen bewusst z.T. unterschiedliche Zeiten und Daten an. Sie wurden so gestaltet, dass sie das Ablesen der wahren Ortszeit (WOZ) vom frühen Morgen bis in den späten Abend mit Überlappung zulassen. (Genaue Beschreibung der Polstäbe und Ziffernblätter siehe unten).

Ein besonderes Merkmal des Ziffernblattes der Westuhr ist die Abbildung des Namenspatrons der Schlosskirche, des Engels St. Michael. Diese Bild wurde nach der im höchsten Punkt der Vierung in der Kirche befindlichen Skulptur und auf der Basis des Logos des „Vereins der Freunde der Schlosskirche“ gefertigt. Eine in gleicher Farbe wie das Bild gehaltene Datumshyperbel (29.9.) weist auf seinen Namenstag hin.

 

Abweichend von den üblichen Verfahren, die Konstruktionszeichnungen manuell mit Hilfe von Koordinaten an die Wand zu übertragen, wurden Computer gesteuert aus 1,5 Millimeter Alublechen mit Wasserstrahl geschnittene Schablonen gefertigt. Jeweils drei, ca 1 x 3,5 Meter (BxH) große Schablonen wurden für eine Uhr benötigt um mit ihrer Hilfe die Ziffernblätter mit allen markanten Konstruktionspunkten an die Wand zu zeichnen.

Die Zeichnung des St. Michael Engel wurde nach gleichen Verfahren wie die Ziffernblattlinien per Alu-Schablone übertragen.

Das Schablonenverfahren hat den Vorteil der absoluten Genauigkeit bei der Übertragung vom Papier auf die Wand. Es liegt in Bezug auf Kosten und Materialverbrauch allerdings über dem klassischen Verfahren.

 

Bilder vom Bau

Abb. 12: Montierte Schablone der Westuhr


Abb. 13: Montierte Schablone der Süduhr

 

Abb. 14: Setzen eines Abstandstabes der Westuhr




Abb. 15: Maler und Schlosser bei der Arbeit





Abb. 16: Die korrekte Ausrichtung der Polstäbe ist Voraussetzung für ein korrektes Schattenbild und "Funktionieren der Sonnenuhr

 

 

 

Süduhr mit Ziffernblatt und Polstab (5)

 

Das Konstruktionsprinzip des Ziffernblattes der Süduhr ist aus Abbildung 16 ersichtlich. Eingetragen sind:

·        das X-Y-Koordinatenkreuz zur Ermittlung der Koordinaten aller Linien auf dem Ziffernblatt sowie des Fußpunktes des Schattengebers und seines Substillarpunktes (X, Y=0),

·        der projektierte Schattengeber mit der Grundlinie (Substillarlinie) sowie die Konstruktionslinien für die Linie der Tag- und Nachtgleiche und der Stundenlinien.

Der besseren Übersichtlichkeit halber wurden alle anderen Konstruktionslinien weg gelassen. Sie ergeben sich analog zu den gezeigten.




Abb. 17: Konstruktion des Zifferblattes der Süduhr

Die Abbildung 18 zeigt den endgültigen Entwurf des Zifferblattes der Süduhr mit allen Linien und Bezeichnungen.




Abb. 18: Endgültiger Entwurf des Zifferblattes der Süduhr






Abb. 19: Zifferblatt der Süduhr


 

 

Foto © Siegfried Netzband

 

Westuhr mit Ziffernblatt und Polstab

Das Konstruktionsprinzip des Ziffernblattes der Westuhr ist aus Abbildung 20 ersichtlich. Eingetragen sind:

·        das X-Y Koordinatenkreuz zur Ermittlung der Koordinaten aller Linien auf dem Ziffernblatt sowie des Substillarpunktes (X,Y=0) des Schattengebers (der Fußpunkt des Schattengebers liegt außerhalb der Konstruktionszeichnung),

·        der theoretische, projektierte Schattengeber (ausgeführt wurde ein verkürzter Schattengeber mit aufgesetzter Kugel über seinem Substillarpunkt zur Anzeige des Datums) mit der Grundlinie (Substillarlinie) sowie die Konstruktionslinien für die Linie der Tag- und Nachtgleiche und der Stundenlinien.

Der besseren Übersichtlichkeit halber wurden alle anderen Konstruktionslinien weggelassen. Sie ergeben sich analog zu den gezeigten.



Abb. 22: Konstruktion des Zifferblattes der Westuhr


Abbildung 23 zeigt den endgültigen Entwurf des Zifferblattes der Westuhr mit allen Linien und

Bezeichnungen, sowie dem eingefügten Bild des Heiligen Michael mit zugehöriger Datumslinie

seines Geburtstages.




Abb. 23: Endgültiger Entwurf des Zifferblattes der Westuhr





Abb. 24: Zifferblatt der Westuhr mit verkürztem Polstab

Der Schatten der auf dem Polstab befestigten Kugel dient dem Ablesen des Datums.

Die Kugel ist senkrecht über dem Substillarpunkt des theoretischen berechneten Polstabes montiert


Das Ziffernblatt der Westuhr unterscheidet sich wesentlich von dem der Süduhr. Es verläuft mit einer Abweichung von 80,41⁰ West nahezu in Süd-Nord-Richtung, das Licht der Sonne fällt erst spät am Tag, zunächst nahezu parallel zur Wand ein.

Auf dem Ziffernblatt der Westuhr sind dargestellt:

·      Die Stundenlinien der wahren Ortszeit. Sie verlaufen von oben links nach unten rechts. Wegen der großen westlichen Abweichung des Ziffernblattes zeigen sie nur die Nachmittagsstunden an.

Abgelesen wird die jeweilige WOZ an oder zwischen den Stundenlinien (ggf. durch Interpolation) mit Hilfe des Schattens des Polstabes.

·      Die Datumslinien. Sie verlaufen von unten links nach oben rechts bzw. umgekehrt. Im Gegensatz zur Süduhr sind es die Linien für jeweils den 1. eines jeden Monats. Zusätzlich wurde, farblich blau abgesetzt, die Linie für das Datum des Namenstages des Schutzpatrons der Kirche, des heiligen St. Michael eingefügt (29.9.).

·      Ein stilisiertes Bild des Engels St.Michael.Das Original des Bildes entspricht der Behauung des Schlusssteins am höchsten Punkt der Vierung in der Ostpartie zwischen den Diagonalchören und stellt St. Michael als Drachentöter dar der als jugendlicher Engel auf einem Drachen steht und ihm die Lanze in den Rachen stößt. Sein Gewand fällt in Langen Röhrenfalten bis auf die Füße herab. Die schmalen Flügel setzen an den Schultern an und sind nach oben weit ausgebreitet. Die Figur ist auf ein Laubwerk geschmückte Kreisscheibe aufgelegt.

·      Als Abgrenzung des Bereiches der Datumslinien auf dem Ziffernblatt sind die Linien für die Sommer- und Wintersonnenwende, farblich abgesetzt und mit den Tierkreiszeichen versehen, eingetragen.

 

 

 




Abb. 25: Der Schutzpatron der Kirche, der Heilige Michael, als Schlußstein in der Vierung zwischen den Diagonalchören (1)

Der Polstab der Westuhr unterscheidet sich ebenfalls wesentlich von dem der Süduhr. Infolge der großen westlichen Abweichung der Westuhr ergeben sich völlig andere Konstruktions- und Befestigungsbedingen.

                                               *   *   *

Die Ortszeitdifferenz für Pforzheim (geogr. Länge:8,703⁰ Ost) ergibt sich aus dem Zeitverzug zwischen Passieren der Sonne durch den Zentralmeridian der Zeitzone MEZ (15⁰ Ost) und dem Ortsmeridian in Pforzheim (s.o.).


Abb. 29: Ortszeitdifferenz für Pforzheim















St. Michael - Inneres









Schloßkirche - Südansicht






Im alten DGC-Sonnenuhrenkatalog gibt es einen einzigen Sonnenuhren- Eintrag für Pforzheim:
















 

Lorenzo Vargas Orozco   

 

 

Nach oben