ta-dip
header

Sonnenuhren in Elsfleth


n1 

Als ich 2007 in Berne die mittelalterliche Kratzsonnenuhr an der St. Aegidius Kirche entdeckte, war ich eigentlich auf dem Weg zur St. Nicolai-Kirche in Elsfleth. Doch diese seltene kanonische Sonnenuhr war natürlich zunächst wesentlich spannender für mich, weil es davon in der Region nicht allzu viele gibt.

Ich habe darüber auch zwei Artikel geschrieben:

3dc88eb5eee322452a1209d531488074_Nr_110_Berne_Kratz.pdf
 
... und auf Spanisch:

9783d20517327d7ab124663cb67a3551_medieval.pdf

 

n2

 

Später fuhr ich dann aber doch noch nach Elsfleth, entdeckte die Sonnenuhr aber nicht und auch die Leute, die ich vor Ort befragte, konnten mir nicht weiterhelfen. Die Kirche war wie leider "üblich" abgeschlossen, so daß ich nur durch die Fenster lugen konnte. Ich vermute mal, daß die Sonnenuhr seinerzeit vom Efeu überwachsen war, der nunmehr kräftig zurechtgestutzt war.

Als mir am 8. 3. 2010 Pastor Wilfried Giesers per Email die freundliche Auskunft gab, daß es eine Sonnenuhr an der Kirche gäbe: "Am Ostende der Südmauer. Zeigt Ortszeit.", habe ich mich am 9. März bei völlig unerwartetem Sonnenwetter sofort auf den Weg gemacht und bin diesmal über die Weserfähre angereist.

 

n3


Was für ein großes Glück: Pastor Fritz Pinne hatte gerade eine Veranstaltung in der Kirche, zeigte mir freundlich die nunmehr freigeschnittene Sonnenuhr. Ich durfte auch mit auf den Kirchturm steigen und außerdem bei seiner Fortbildungsveranstaltung im Kircheninnern zugegen sein und konnte dabei auch einige Fotos vom Inneren der Kirche machen. Also: Ein echter Glücksfall!

 

         n4

 

n5

 

            DGC_Katalog

 Der Eintrag über diese Sonnenuhr ist aus dem Katalog "Sonnenuhren Deutschland und Schweiz" der Deutschen Gesellschaft für Chronometrie von 1994

Die Datensammlung im DGC-Katalog enthält gleich zwei Fehler: Die Koordinaten sind falsch: Es muß richtig heißen: 53° 14' N   - 8° 28' O. Außerdem ist noch die Jahreszahl für die Entstehung der Sonnenuhr falsch angegeben: Es muß richtig heißen: 1724 !

 

n6


Elsfleth liegt nur 3 Meter über NN und hatte Ende 2008 insgesamt 9206 Einwohner.

"Elsfleth ist mit einer ersten urkundlichen Erwähnung um 1220 einer der älteren Orte an der Unterweser. Der genaue Zeitpunkt der Gründung ist unbekannt. Möglicherweise geht die Ortsgründung auf das 9. Jahrhundert zurück, denn bereits um 860 soll von Bischof Ansgarius von Bremen die erste Kirche gegründet worden sein. Im 12. Jahrhundert sowie im 13. Jahrhundert, zur Zeit der Stedinger, war Elsfleth der kirchliche Mittelpunkt Stedingens." [Wikipedia]

 

n9

 

Die evang.-luth. St.-Nicolai-Kirche wurde 1504 erbaut und 1690 erweitert. Sie ist eine der wenigen Winkelkirchen in Deutschland.


Chroniken zufolge wurde mit dem Bau der St. Nicolai-Kirche um 1503 mit einem Bethaus begonnen. Der erste Flügel wurde Dänenflügel genannt, da Elsfleth zur der Zeit unter dänischer Herrschaft stand. 1575 wurde dann der Glockenturm gebaut. Der jetzige Glockenturm stammt aus dem Jahr 1888, jedoch sind im Turminnern noch Feldsteine des Vorgängerturms zu sehen.

"Die Winkelkirche stellt eine Besonderheit in der Historie des Kirchenbaus dar. Sie besteht aus zwei Seitenschiffen, welche im rechten Winkel zueinander stehen. Der Altar eines solchen Gebäudes befindet sich im Winkel."

 

n16

 

Auf diesem Foto, das ich von der Orgelempore aus aufgenommen habe, kann man es ein wenig erahnen: Rechts hinter dem Kronleuchter beginnt der kleinere Anbau, der Winkel.

"Winkelkirchen wurden entweder aufgrund örtlicher Besonderheiten als solche geplant oder sind durch den Aus- und Anbau bestehender Kirchen entstanden. Die Winkelkirchen St. Concordia in Ruhla sowie die Stadtkirche in Freudenstadt wurden aufgrund der Örtlichkeit als Winkelkirche geplant, in Ruhla aufgrund des felsigen Berghangs und in Freudenstadt aufgrund des eckigen Marktplatzes. Weitere Winkelkirchen befinden sich heute in Aschersleben, Elsfleth, Küblingen und Rohrdorf." [Quelle: de.wikipedia.org/wiki/Winkelkirche]

 

n7

             

         n7


Der Reeder Horst Werner Janssen hat der Kirche Modelle der "Großherzogin Elisabeth" gespendet. Ich finde solche engen Bezüge zur Ortsgeschichte in hohem Maße interessant und diese Spende des Herrn Janssen absolut wunderbar, zumal die älteren Mitbürger wohl noch persönliche Erinnerungen an dieses Schulschiff hatten und diese an die Jungen weitergegeben haben!

 

                n10

 

n11

 

n11

                                          Der Schalldeckel der Kanzel

 

n13


Mir hat die schlichte, aber absolut zauberhafte Bemalung der Kirchendecke wirklich sehr gefallen! Ein echtes Schmuckstück dieser sehr besonderen Kirche!

 

n15


Der Orgelprospekt gänzt und sieht auch prächtig aus. Jedoch kommt es bei der Orgel nicht nur aufs ansprechende Äußere an, sondern auch und vor allem auf die inneren Werte: Auf den Klang! Größen-Wahn ist keine "Errungenschaft" unserer Zeit, wiewohl man es oft glauben möchte. Aber die Leute haben zu allen Zeiten danach gestrebt, Orgeln zu vergrößern, damit man noch opulentere Musikstücke aufführen konnte. Das kann durchaus ein ehrenwertes Verlangen sein. Wenn man aber, wie hier, ein Werk des berühmten Orgelbaumeisters Arp Schnitger hatte, war es keine weise Entscheidung, diese Orgel gegen eine größere auszutauschen. Wäre die Gemeinde in dieser Wechselzeit arm gewesen und hätte man kein Geld für eine Orgelerneuerung gehabt, dann hätte man jetzt vielleicht noch diese Schnitgerorgel und wäre glücklich und hoch zufrieden damit.

 

"Arp Schnitger (* 1648, vermutlich in Schmalenfleth; getauft am 9. Juli 1648 in Golzwarden, heute Brake; begraben 28. Juli 1719 in Neuenfelde) war einer der berühmtesten Orgelbauer seiner Zeit und der Vollender der norddeutschen Barockorgel. Sein Wirkungskreis erstreckte sich über Nordeuropa, wo er über 100 Orgelneubauten schuf und stilbildend war. Etwa 30 seiner Instrumente sind in ihrer Grundsubstanz noch erhalten."

[Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Arp_Schnitger]

 

n14

 

Einmal der Segler "Großherzoging Elisabeth" im Modell aus der St. Nicolaikirche und dann nachfolgend das wieder hergestellte Schiff am Kai im Elsflether Hafen:

 

n17
 

Hier hat vermutlich einer, der es gut meinte, die Sonnenuhr verschoben und sie so justiert, daß der Schattenwurf des Dreiecks mit dem Ergebnis seiner Armbanduhrzeit überein stimmte, wie er am Tage seiner unglücklichen Tat herrschte. Mit seiner Schiebe-Tat wird er nicht lange seine Freude gehabt haben, denn er hätte alle paar Tage nachjustieren müssen.

 

n19


Wenn ich nun, wie im Märchen, zwei Wünsche frei hätte, würde ich mir wünschen, daß diese hübsche kleine Süd-Sonnenuhr wieder ordentlich in Ost-West-Richtung ausgerichtet wird und daß irgendwo in deren Nähe am Boden ein Schild angebracht wird, auf dem einmal zu lesen ist, daß diese Sonnenuhr die wahre Ortszeit anzeigt, d. h. nicht falsch geht! Man muß nur wissen, daß die Uhrzeit, die wir am Handgelenk herumtragen und die uns von mechanischen Kirchturmuhren gezeigt wird, eine absolut künstliche Zeit ist, ganz zu schweigen von der unsäglichen "Sommerzeit", bei der es hierzulande zu gewaltigen Verschiebungen bezogen auf die wahre Ortszeit, also auf die wirkliche Sonnenzeit kommt.

 

Zunächst einmal gehören die Minuten aufgeschrieben, die die Sonne braucht, bis sie vom Meridian, der durch Görlitz geht, hier in Elsfleth mittags am Himmel steht. Dazu müßte dann noch eine Zeitgleichungskurve angeboten werden, die aufzeigt, wie viele Minuten die Sonnenuhr jeweils in Bezug auf die künstliche Mitteleuropäische Zeit vor- oder nachgeht. Und das alles in leicht verständlichem Deutsch, damit die Leute auch Lust haben, diese einfachen arithmetischen Übungen durchzuführen und sich danach zu freuen, wenn sie feststellen: Diese Sonnenuhr geht richtig! Eine gute Anregung, wie so was aussehen könnte, gäbe es auf meinem Link zur Marienkirche in Bremerhaven! Man könnte diesen Text aber durchaus noch optimieren. Ich stehe gern - falls es gewünscht wird, mit Rat und Tat zur Verfügung!

 

           n18

 

Im DGC-Sonnenuhrenkatalog gibt es für Elsfleth noch zwei Einträge. Eine Sonnenuhr ist ohne Straßenangabe eingesetzt...


Und das ist die Dritte im Bunde:



 Der Eintrag über diese Sonnenuhr ist aus dem Katalog "Sonnenuhren Deutschland und Schweiz" der Deutschen Gesellschaft für Chronometrie von 1994





 

 

Nach oben