blinde Tage
Mein erstes Buch
Mein erstes gebundenes Buch war "blinde Tage". Ich hatte das große Glück, sechs Jahre lang in Berlin an der Akademie für Druck, Grafik und Werbung zunächst Lithographie und später Radierung als Gaststudent studieren zu dürfen. Die Akademie wurde später als Fachbereich IV der Hochschule der Künste weitergeführt.
Ich studierte Lithographie bei Prof. Konrad Schüler. Eines Tages, es war im Jahr 1971, hatte er zusammen mit seinen regulären Studenten ein Projekt in Arbeit, in dem er zusammen mit neun Studenten zehn gleich große und gleich dicke Bücher herstellen wollte.
Er schrieb 1988 in dem wunderschönen Band HANDVERLESEN DIE TRADITION DES BÜCHERMACHENS IN KLEINEN BERLINER VERLAGEN, in dem Kapitel EINE DRUCKWERKSTATT AM FACHBEREICH IV DER HOCHSCHULE DER KÜNSTE:
"Es komt vor, daß sich eine Gruppe zusammenfindet und gemeinsam ein Projekt durchführt. In den meisten Fällen arbeiten wir mit zeitgenössischen Autoren zusammen, die uns sehr oft noch nicht veröffentlichte Texte zur Verfügung stellen. Unsere Auflagen sind klein - ca. 10 - 100 Stück - und vom Autor und Graphiker signiert. Da wir keine kommerziellen Rücksichten nehmen müssen, ist es möglich, sich gestalterische Freiheiten zu leisten, die einem Graphiker sonst nicht ohne weiteres zugestanden werden."
Da einer der am Projekt beteiligten neun Studenten ausgefallen war, fragte mich Prof. Schüler, ob ich für den einspringen würde. Er zeigte mir ein paar Blätter mit Gedichten von Peter J. Fabich, zu denen ich Illustrationen liefern und Alugraphien drucken sollte. Ich sah gleich, daß mir dazu etwas einfallen würde. Jedoch mußte ich mich sehr beeilen, damit ich zeitgleich mit den andern fertig wurde.
Was für eine wunderbare Welt! Ich war bei den Setzern und Buchbindern der Akademie, lernte, wie der Hand- und der Maschinensatz ausgebunden wurde, worauf beim Druck zu achten war, was es bedeutete, wenn man noch einen Bogen Papier unterlegte, wenn der Satz noch etwas flau war, oder was zu tun war, wenn der Andruck zu kräftig war.
Und dann war das Buch eines Tages fertig. 100 Exemplare. Ich signierte sie in der Werkstatt und nach einer Woche hatte auch der Autor Peter J. Fabich signiert. Ich habe ihn seltsamerweise nie kennengelernt, habe ihm merkwürdigerweise nie geschrieben und auch er hat sich nie gerührt - immerhin hat er einen Stapel Bücher umsonst bekommen... Ich hatte damals weder Telefon noch einen Fernseher. Beides hat mir nicht gefehlt. Aber ich habe von meinem Professor etwas Lustiges erfahren, was sich auch später öfters bestätigt hat. Ich wollte wissen, was denn der Herr Fabich zu meinen Bildern gesagt habe. "Die Autoren", sagte er, "schauen immer nur auf ihre Texte und die Graphiker schauen immer nur auf ihre Bilder! Mit dem Druck seiner Gedichte war er sehr zufrieden."
Die Lust am Büchermachen war geweckt. Bald sollte der Band RATTEN folgen und der Virus des Büchermachenwollens wirkt bis auf den heutigen Tag.
Die Druckwerkstatt im Fachbereich IV an der Hochschule der Künste
Gesamtprojekt mit zehn Büchern
blinde Tage
[Eingangsgedicht ohne Graphik]
Festrede auf Karlheiz Herwig
einer der
mit den Fischen zieht
Muschelbruder
oder
bella bella
großer König aus Cottbus
dir wünschen wir heute
"schönes Wetter im Spiegel"
Straße
nach beiden Seiten
Zeitmaß
Längenmaß
ein Knoten Leben
für Frauen im Fenster
Tage für niemand
hören und sehen gelernt haben
sprechen vielleicht
aber wozu dann
diese blinden Tage
an denen mein Spiegel
gleichgültig bleibt
jedem Gesicht
Brief aus Rishpon
grammweise
und leicht
beschrieben
mir
eine nahe Zukunft
von fern
abgemacht
unsere Liebe
bewegt sich in
zu engem Raum
aus geschliffenen Gläsern
trinken wir
Hunger und Durst
Antiquariat Olaf Drescher, Deutschland
Fabich, Peter J. und Reinhold Kriegler:
Blinde Tage. Limitiertes und von beiden Autoren signiertes Exemplar (20/100).
O. Ort u. Verlag (Berlin, Meisterschule für Graphik, Druck und Werbung), 1971.
Acht Doppelblätter mit 4 ganzseitigen Illustr. 29,5x21cm, ill. Orig.-Broschur
Zustand: Sehr gut.
[Schlagwörter: Graphik, Bibliophile Bücher, Limitierte Ausgaben, Numerierte Ausgaben, Künstlerbücher]
signiert, Sprache: Deutsch
Artikel-Nr.: 6366
Bezahlung:
Per Rechnung (Vorauszahlung vorbehalten)
Preis: EUR 48,00
Versand (Standard): EUR 4,50
Gesamt: EUR 52,50
Antiquariat Olaf Drescher
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An- und Verkauf wertvoller, alter und seltener Bücher aus vier Jahrhunderten.
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Wer nun etwas weniger anlegen will, der ist beim Antiquariat Wolfgang Gebhard bestens bedient! Da kostet das Buch inklusive Lieferung nämlich nur 17, 80 Euro! Darauf hat mich Carsten Pfeiffer aufmerksam gemacht, der gleich im ZVAB- Katalog nachgesehen hatte.
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